Zusammen mit meiner Frau sitze ich abends auf
Klappstühlen mitten in der Natur des Schwarzwaldes und betrachte den
Sonnenuntergang drüben hinter den Vogesen. Es ist unser Lieblingsplatz gleich
hinter dem Alteck, man blinkt genau auf den Kandel. Viel schöner kann
Landschaft, kann Leben kaum sein. Wir bemerken gar nicht, dass vom Feldberg her
ein Gewitter heranzieht. Aber wir bemerken den wütenden Bauern, der mit Frau
und Kind angefahren kommt, um uns zurecht zu weisen. Wir stünden auf seinem
Grundstück und würden das Gras platt machen. Zum Glück interessiert sich die 16
Monate alte Tochter für unsere Chips und bringt das Eis zum Schmelzen. Nach
einer Stunde Plauderei sind wir fast schon Freunde geworden.
Tagsüber flog ich genau über diese Landschaft, es
hat ein Schwarzwald-Tag werden sollen. Diesmal war ich ausgeschlafener und
wusste schon, wie ich auf dem Acker hinter der Schwelle meinen Flieger aufbaue.
Ich musste den kleinen Zweitakter 12 Minuten schnurren lassen, um die erste
Wolke am Rande des Schwarzwaldes zu erreichen. Beim Aufrüsten hatte ich noch
Zweifel, so wenig Wolken, so schiefe Wolken. Ich musste mehr arbeiten, als am
Tag zuvor. Vielleicht war dieser Flugtag der Abspann zum „großen Kino“ von
gestern?
Doch dann wurde es immer besser. Die Wolken bauten
sich auf, der Wind kam nur schwach von Süden. Und die Wolkenuntergrenze stieg
und stieg, immer wieder kratzte ich bei einer Basis von 2700 Meter an der FIR Zürich
oder Langen. Tief ging heute nur, wenn man sich absichtlich zu lange im Saufen
aufhielt. Zwar ging es nicht so bequem geradeaus wie am Tag zuvor, dennoch fand
ich immer einen Aufwind, der mich ein paar Stockwerke höher hiefte.
Zwischendurch bildeten sich grandiose
Wolkenstraßen, dunkle Wolkendächer, unter denen ich mich fühlte, wie ein
Tiefseetaucher. Einmal musste ich sogar aus der tragenden Linie ausscheren,
sonst wäre ich ruck zuck in der Wolke gefangen worden. Selbst mit gerade noch
zulässiger Geschwindigkeit hatte ich im Geradeausflug noch Steigen. Hier zeigte
der Flieger seine Grenzen, mit einem Segelflieger normaler Bauart hätte man
dieses Steigen sicher noch „wegdrücken“ können. Aber soll ich mich darüber ärgern,
wenn es doch wieder an jeder Ecke noch oben geht?
Nur ein paar wenige Flieger waren heute unterwegs,
die meisten hatten wohl das Wetterfenster unterschätzt. So konnte ich entspannt
fliegen, ohne ständig auf die Testesteron-Bomber zu achten. Der Tag verging in
tragender Stimmung, so könnte es jetzt noch ein paar Wochen weitergehen. Das
erste Mal seit langem fühlte ich mich in Urlaubsstimmung. Zwar war das
fliegbare Fenster deutlich kleiner als am Tag zuvor, aber für genussvolles
Gleiten über Schwarzwald und Baar reichte es allemale. Und dann dieses
Basishöhen! Ich konnte es kaum glauben, freute mich aber über dieses ideale
Apis-2 Wetter.
Nur der Rückflug wurde etwas arbeitsamer. Über dem
Schwarzwald regenete es bereits, vor mir hatte sich bereits alles, was mich
heben könnte aufgelöst bzw. zu dunklen Fetzen zusammen geschoben. Mit nur 300 Metern
über Gleitpfad (ohne genauen auf den Apis 2 abgestimmten Endanflugrechner)
wollte ich – aus Norden kommend – nicht über Villingen gleiten. Zumal bei ca.
20 km/h Gegenwind. Aber dann fand ich, dank der hervorragenden
Steigeigenschaften des Apis 2, doch noch einen Aufwind, schwach zunächst,
weniger als einen halben Meter Steigen pro Sekunde. Dann aber einen „runden“
Meter. Das reichte, um dann mit Speed zurück nach Donaueschingen zu zischen und
dann mit voll gezogenen Klappen einen eng gekurvten Gegenanflug zwischen zwei
landenden Motormaschinen hinzulegen, der direkt vor meinem Hänger endete.
Nun könnte mein Urlaub beginnen, dachte ich beim
Abledern der Flächen. Wenn ich nicht so viel zu tun hätte. Aber ich versprach mir,
nun noch jeden fliegbaren Tag mitzunehmen. Schließlich brauchte ich auch
Energie für meine Projekte.
Zum Abschied sagte uns der Jungbauer, dass wir Glück
gehabt hätten. Wäre sein Vater gekommen, er hätte richtig mit uns geschimpft,
es hätte ein Donnerwetter gegeben. So aber rollte nur das Donnern und Blitzen vom
Feldberg herüber. Wir stauten noch eine Stunde auf unserem Balkon, bevor es
dann zu regnen begann und wir ins Bett gingen.