Der Flug begann mit Rock’n Roll, ganz unterwartet.
Die Luft über dem Schwarzwald kochte. Und ich nutzte die Gunst der Stunde,
obwohl ich noch nicht wirklich eingeflogen war in dieser Saison. So hoch
standen die Wolken, dass ich mich mühelos in die Hügellandschaft traute, die
aus dieser Höhe eher flach wirkte. Wie immer ein faszinierendes Spiel mit der
Perspektive.
Voran, voran, das war mein Refrain. Ich querte den
Schwarzwald Richtung Freiburg, flog knapp an der Westkante über Offenburg nach
Baden-Baden. Jeder Fleck Landschaft unter mir, den ich noch nie oder noch nie
aus dieser Perspektive gesehen hatte, entlockte mir Freudenrufe und ein Hochgefühl.
Genau das wollte ich: nicht nur Kilometer abspulen und in abstrakte Punkte und
Listenplätze umwandeln, sondern neue Horizonte entdecken. Mit diesem Flug war
ich mal wieder auf den Geschmack gekommen.
Schon war der Schwarzwald im Norden zu Ende und
lief aus. Ich hatte kaum gemerkt, wie ich ihn überflogen hatte. Kurz vor
Pforzheim wendete ich und peilte dann die Albkante an. Diesmal hatte ich dann
den Schwarzwald als Kulisse in einiger Entfernung. Ein Flug, der mir unerwartet
viel Leichtigkeit brachte und so ging es dann weiter.
Gleich am nächsten Tag, einem Montag, saß ich
wieder im Flieger. Ich hatte einige Termine umsortiert, was nicht ganz einfach
gewesen war, aber ich wollte einfach fliegen. Es war total blau. Aber was für
ein Blau! Es ging hinauf in Höhen, von denen ich sonst nur zu träumen gewagt
hätte. Was für ein Fliegerfrühjahr hier über meiner Wahlheimat. Erst fliege ich
träge vor mich hin, dann packt mich der Rausch. Ein Muster, das ich inzwischen
kenne. Erst muss ein Ziel gesetzt werden, dann geht es richtig los!
Ich fliege immer wieder auch tiefer und nutze die
Zeit, mir die Landschaft einzuprägen. Ein kleiner Schatten über einem größeren
Waldstück erregt meine Aufmerksamkeit. Es ist der Schatten einer Wolke, die
kaum als solche zu erkennen, sich langsam herausbildet. Ein Lebenszyklus, der
für Flieger eine ganz sonderbare Attraktion hat. Der Schatten wird größer, man
würde ihn nie mit der winzigen Ansammlung an Wolkigkeit in Zusammenhang
bringen, so hoch schwebt das, was einmal groß und mächtig werden wird, über dem
Boden. Doch ich lassen meinen Blick nicht los davon, so schön sind Wolkenbild
und Bodenschatten.
In diesem Moment muss ich an Hesse denken, wie er
zufrieden von seinem Ruderboot erzählt. Er rudert eines Tages auf den See und
lässt sich einfach treiben. Ihm ist egal, was die anderen von ihm und seinem
kleinen Boot halten. Die Genussfähigkeit ist mit Einfachheit gekoppelt, nicht
mit Komplexität. Dieses Bild des rudernden und rundum zufriedenen Dichters,
kommt mir immer wieder in den Sinn. Es war einmal das Leitbild, das mich dazu
gebracht hat, auf einen UL-Segelflieger umzusteigen.
So einfach wie ein Ruderboot ist dessen Technik
dann doch nicht. Mein Motor machte mir beim Start Probleme. Nach der Landung entschließe
ich mich zu einem erneuten Probestart. Mit reduzierter Kraft schleppe ich mich
in die Höhe, dann geht der Motor nicht mehr aus. Ich erbitte Direktanflug auf
die 36 Gras und lande mit laufendem Motor. Da ich in letzter Zeit viele Unfallberichte
gelesen hatte, muss ich immer an den Satz denken: „Fliege das Flugzeug“. So
lasse ich mich von den Umständen nicht mehr als notwendig ablenken und lande
sicher. Der Apis 2 verhält sich auch mit ausgefahrenem Motor völlig unproblematisch.
Das schafft großes Vertrauen. Trotzdem muss ich noch am selben Abend nach
Mengen fahren und meinen Flieger dort zur Reparatur abgeben. Damit ist dieser
Song vorerst einmal zu Ende.
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