Das Thema des heutigen Fluges zu finden, fiel mir
nicht schwer. Mal flog ich unter dunkeln Wolken, einige hatten sich zu einer
Ahnung von Wolkenstraßen zusammengefunden. Dann wieder riss die Abschirmung auf
und schlagartig wurde es heller um mich, das Wolkenbild änderte sich, indem
einzelne große Wolken neu entstanden, mit scharfer Unterkante, so, wie
Segelflieger es lieben.
Der Flug war eigentlich nicht geplant. Und meist
sind das die schönsten Flüge. Jedenfalls entspricht es der Philosophie des
freien Fluges viel mehr, als das Abspulen durchgestylter Streckenverläufe.
Heute startete ich in Mengen, nachdem einige Kleinigkeiten am Apis 2 repariert
worden waren. Es war schon spät, fast Nachmittag, alle Eigenstarter waren
während der Reparatur über mich hinweg gebraust. Einige Schmuckstücke darunter.
Mir war für heute nur wichtig, dass der Motor
wieder gut lief, der Start war klasse, keine Probleme. Ich war wieder zufrieden
mit mir und der Welt. Immer wieder wundere ich mich darüber, wie sehr
Stimmungen doch vom Zustand des Flugzeuges und noch viel mehr vom Wetter des
Tages abhängen können. Herrschaft gutes, d.h. fliegbares Wetter, das Flugzeug
ist aber nicht einsatzbereit (was vorkommen kann), dann wird die
Segelfliegerseele gequält.
Nach dem Flug, der weitgehend ohne besondere
Höhepunkte verlief, was in diesem Fall aber als ein Qualitätsmerkmal zu
verstehen ist, rollte ich an der Wezel-Halle aus und schob den Flieger über das
frisch gemähte Gras zu meinem offenen Hänger. Es ist schön, wie einfach das
geht, ohne mich zu plagen. Dann gönne ich mir ein Ritual, dass ich lange
vergessen hatte, mir aber unglaublich gut tut. Ich stelle mein Auto neben den
Flieger, drehe das Radio laut auf und schlürfe an dem Cappuccino, den ich mir
zwischenzeitlich in der Flughafenkneipe besorgt habe. Langsam, ganz langsam
baue ich Batterie und Geräte aus, sprühe das Leitwerk mit Kaltreiniger ein, lassen
ihn einwirken. Ich arbeite ohne innere Stoppuhr, muss niemandem beweisen, wie
schnell und effizient ich abrüsten kann. Ich ziehe mir das T-Shirt aus, da die
Sonne noch warm ist, aber nicht mehr brennt. Gemächlich und gründlich wasche
ich dann das Leitwerk und die Flächen. Es geht nicht allein um die Sauberkeit, es
geht darum, dass frische Wasser zu riechen, das Gras, das meditative Abledern
der Flächen. Alles Bewegungen, die sich seit vielen, vielen Jahren auf so
vielen Flugplätzen vollzogen haben und die ebenso zum Fliegen gehören wie das
Fliegen selbst. Sie gehören zum Gefühl, Teil dessen zu sein, was wir verkürzt
„Segelfliegen“ nennen. Zusammen mit anderen herumstehen und über die geflogenen
Strecken zu reden, zu prahlen oder Ähnliches, ist für mich nicht mehr Teil des
Ganzen. Daher bin ich froh, den Apis 2 zu haben, der mich davon befreit. Ich
kann es tun, muss es aber nicht. Darin liegt der Unterschied.
Später, nachdem ich das Ritual beendet habe und den
Flieger alleine abgerüstet habe, sitze ich am nahegelegenen See und trinke ein
alkoholfreies Bier. Ich muss schließlich noch nach Hause fahren und außerdem
tut mir der Alkohol nicht gut, er steigt mir nach einem Flug zu schnell in den
Kopf.
Ich rechne: 13 Stunden werde ich heute unterwegs
gewesen sein, davon bin ich knapp 4 Stunden geflogen. Vor 20 Jahren wäre ich an
einem solchen Tag komplett aus dem Häuschen gewesen, damals lag die durchschnittliche
Flugdauer im Verein im Bereich von Minuten. Heute hört sich das nach einem eher
schlechten Wirkungsgrad an. Aber wer rechnet schon gerne so? Niemand, wenn man
es genau nimmt. Wir neigen alle zum Selbstbetrug und wahrscheinlich ist das
auch gut so. Am Ende bleiben immer die Flüge und damit mit Flugstunden im
Gedächtnis, nicht die Fahrtzeit, die Reparaturzeit, die Herumstehzeit oder
sonstige Kontextzeiten. Es kommt einfach nur darauf an, ob es das Ganze wert
war. Am Ende bleibt immer das Licht, nie der Schatten.
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