Das sollte der letzte Flug vor meinem
Japan-Aufenthalt sein. Dort, im Land der aufgehenden Sonne, warteten spannende
Dinge auf mich. Zwei Vorträge auf dem Weltkongress Soziologie, ein Treffen bei
der United Nations University. Anschluss zu Welt – was man von Furtwangen nicht
immer behaupten kann. Ich beschließe, das Fliegen heute vor Arbeiten geht,
obwohl ich – wie immer – noch so viel zu tun habe. Jetzt, aus einem Abstand von
ein paar Wochen, weiß ich, dass diese Entscheidung richtig ist, dass sie immer
richtig ist. Die wenigen Flugmomente, die uns gegönnt sind, sollte man sich nicht
auch noch durch asketischen Fleiß vollends minimieren. Entweder man ist
konsequent oder man lebt. Und Segelfliegen gehört eindeutig in die Kategorie
„Leben“.
Doch beinahe ärgere ich mich. Als ich am Flugplatz
ankomme: keine Wolken. Nach dem Aufbauen: keine Wolken. Also packe ich den
Laptop aus und redigiere einen Artikel. Wie war das mit dem „Fliegen vor
Arbeiten“? Aber vielleicht war der Artikel mein Opfer für die Götter. Die
ersten Quellungen über der Alb zeigen sich zaghaft, ich packe den Laptop weg
und bereite mich auf den Start vor.
Und dann staune ich nur noch: prima, prima, prima!
Es geht gewaltig nach oben. Und es geht auch gewaltig nach unten. Das habe ich
über Deutschland noch nie erlebt: 5,6 Meter „Saufen“! Zum Glück schickt mir das
Kloster Beuron, in dem ich mich den ganzen September über aufhalten werde,
einen Gruß aus dem Donautal in Form eines perfekten Auswindes.
Ich fliege eine wenig zu euphorisch herum und
entdecke zu spät die schwarze Wand hinter mir. Die lässt nur eine Frage zu: wie
komme ich zurück? Es ist mein letzter Flug vor Japan, also beschließe ich, es
auszunutzen, auch wenn ich nicht zurückkomme. Ich steige wunderbar unter
dunklen Wolkenfetzen, aber es dichter, dunkel, daseinsfeindlicher. Es gibt
keinen Weg mehr zurück nach Donaueschingen, ich bin aus der Komfortzone
herausgefallen. Die Ansage vom Tower in Donaueschingen ist eindeutig.
Ich beschließe noch ein wenig herum zu fliegen und
dann in Mengen zu landen. Das passiert dann doch schneller als gedacht.
Sogleich beginnt meine Suche nach einem
Unterstellplatz, denn die breite Gewitterfront zieht doch verdächtig schnell in
meine Richtung. Ich sehe, dass der Wunderhangar offen ist. So nenne ich den
großen neuen Hangar, der voll mit den edelsten Oldtimern ist. Echte Fliegersolidarität
schlägt mir auf die beste Art entgegen. Ich darf meinen Apis 2 unterstellen,
ich erhalte sogar die Schlüssel für dieses Wunderreich. Diese Solidarität kann
ich hoffentlich einmal zurückgeben. Ich denke an eine ähnliche Situation in
Donaueschingen zurück: da gingen die eigenen Vereins“kameraden"“ einfach
ein mir vorbei nach Hause, als ich mal ein ähnliches Problem hatte – ohne meine
Frau, die zur Hilfe eilte, hätte ich es nie geschafft
Spät am Abend kommt dann Patrick, der Sohn meines
Vermieters zusammen mit seiner Freundin und mit Marion und wir bauen den Apis 2
ab und lassen den Wunderhangar zurück. Patrick war vier Tage auch dem Festival,
dass ich aus der Luft gesehen hatte. So schließt sich auch dieser Kreis. Und
ich kann ans andere Ende der Welt fliegen.