9. Juni 2014

Bollwerk

Nur ein Tag später und alles ist mal wieder anders. Der Apis 2 hat in seinem Schlafanzug draußen übernachtet und ich freue mich, dass ich das ab- und aufrüsten spare. Zudem hatte ich den Hänger ausgeputzt, eine Sauarbeit, v.a. bei 35 Grad, aber ich hatte Lust auf Wasserspiele. Der Tag beginnt ebenso schwül-heiß wie der letzte, eigentlich habe ich keine Lust auf so etwas. Zunächst vertreibe ich mir noch die Zeit damit, die Ferienwohnung zu beziehen und ein Süppchen zu essen – zum Glück.
Denn dieser Tag soll es noch so richtig in sich haben. Alles ist zunächst blau, blau, blau. Dann ein Gewitter im Nordosten, bei Bayreuth, ein paar Wolken. Ich beschließe zu starten und stelle mich schon wieder auf das Kaffee & Kuchen-Programm ein. Damit soll es heute nicht klappen. Langsam pirsche ich mich bei recht niedrigen Basishöhen in Richtung Bayreuth vor, immer die Wolken im Blick, die sich langsam aufbauen und vielversprechend aussehen.
Eigentlich glaube ich nicht daran, es bis dorthin zu schaffen, ich muss 50 Kilometer durch diese blaue, warme Suppe. Also auf in Richtung der Festspielstadt Bayreuth! Durch die Suppe, aber immer wieder mal mit Steigen und mit steigender Hoffnung. Doch nach drei oder vier Warmluftschubsern bin ich plötzlich dort und das Spiel beginnt. Mehr noch: Die Faszination über das Neue. Zu entdecken gibt es neue Landschaften, neue Berge, neue Seen, neue Namen und auch neue Facetten von mir selbst.
Dann plötzlich ist alles anders. Der Tag begann in Erwartung von ein paar Kreisen um den Platz. Nun hebt es mich empor bis über 3000 Meter, es ginge noch höher, aber das ist nicht erlaubt. Fette Wolken stehen da über dem Bayerischen Wald, wie ein Bollwerk gegen unliebsame Eindringlinge, aber mich lassen sie durch. Ich mogle mich durch die riesigen Wolkentürme, die Massen an Luftwatte, die mich umhüllen und meine Sinne fast verwirren. So schön ist es und unerwartete Schönheit zählt wohl doppelt.
Ich spiele, was das Zeug hält mit dieser Überraschung und gönne mir die Steigwerte, das schrille Piepsen des Varios und vor allem diesen unglaublichen Blick aus der Höhe. Es gibt, so scheint es, kein unten mehr. Es gibt nur noch das pure Gleiten. Die Wolken schieben sich zusammen, werden größer und dunkler, ich tanze um einen Regenstreifen herum, im Steigen.
Irgendwann finde ich meinen Verstand wieder und überlege mir, wie ich die 125 km Luftlinie nach Burg Feuerstein bewältige. Ein Kinderspiel an diesem Abend. Genau an der Grenze zu einer unendlichen Bläue steige ich nochmals auf 3000 Meter und dann gleite, gleite, gleite ich einfach. Selbst mit dem Apis 2, der sicher nicht mit den Königen und Königinnen der Lüfte vergleichbar ist, macht das heute Spaß. Wenn doch alle Tage so einen Überraschungsfaktor beinhalteten. Irgendwann auf meiner 65 km langen Gleitstrecken entdecke ich das Wiesental und ahne das Flugplatzplateau. Eine butterweiche Landung und zum krönenden Abschluss des Flugtages holt mich meine Très Jolie mit dem Caddy ab.

Schöner als dieser Flug ist nur noch der gemeinsame Spaziergang, Hand in Hand, der Piste entlang, die ihr Wärme abstrahlt und ein Gefühl von Sommer erahnen lässt, der viele, viele frühere Sommer an ähnlichen Orten beinhaltet...

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