Auto ausladen, Essen, duschen, Batterie laden, schreiben –
das ist die Reihenfolge, die sich immer nach einem Flugtag wiederholt. Fast,
als würde die Maslowsche Bedürfnispyramide von unten nach oben abgearbeitet.
Dann also mal los.
Wie immer freue ich mich am meisten auf den Start. Der
Eigenstart symbolisiert für mich, das, was in den letzten Jahren passiert ist.
Man kann sich ärgern über fehlende Gleitpunkte. Aber ich freue mich jedes Mal
wieder über das Gefühl, das entsteht, wenn ich den Gashebel vorschieben –
langsam, damit der Apis 2 nicht auf die Nase geht – und sich dann mein Gefährt
beschleunigt, immer schneller wird, die Flügel stehen parallel zur Piste, und
dann hebe ich aus eigener Kraft ab und steige in den Himmel. Sicher, nicht wie
eine Rakete, aber so, dass es sich gut und sicher anfühlt.
Das kann nicht jede Startart von sich behaupten. Vor dem
Start erreicht mich die Nachricht, höre das am Tag zu vor ein Segelflieger
tödlich an der Winde verunglückt ist. Wann wird denn dieser Wahnsinn endlich
mal verboten? Wie viele Menschenleben müssen noch „geopfert“ werden, bis
erkannt wird, dass „preiswert“ nicht immer der alleinige Maßstab ist.
Nur mühsam bekomme ich Anschluss, ich bin wohl zu früh
gestartet. In den Schwarzwald komme ich heute wohl nicht. Nach und nach bauen
sich über der Baar und Alb größere Wolken auf, die verheißungsvoll wirken. Doch
bevor ich in die Komfortzone komme, sinke ich am Alb-Rand noch mal sehr, sehr
tief. Aber ich schaffe es, mich nach oben zu arbeiten. Der Motor bleibt
drinnen. Ich entwickle Ehrgeiz – und freue mich wie ein Kind, als die Welt, die
ich schon fast aus Spaziergängerperspektive gesehen habe, unter meinen
Schwingen immer kleiner und kleiner wird.
Ab diesem Moment befinde ich mich für den Rest der
Himmelsstunden in der Komfortzone. Die Basis steigt immer weiter (wer Zahlen
braucht: 2500 Meter N.N.), es bilden sich wunderschöne Wolkenstraßen, denen ich
kinderleicht folge. So komme ich auf der Alb eine ganz gute Strecken herum,
sehe vieles, Täler, Einschnitte, Flüsse, Klöster, Siedlungen. Einmal in der
Komfortzone angelangt, öffnet sich der Block, nicht nur optisch. Ich entspanne.
Versuche die Sitzung zu vergessen, die ich heute schwänze um hier oben zu sein.
Sogar die anderen Segelflieger, die mir begegnen sind mir heute, in der
Komfortzone, willkommener als sonst.
Ich kreise, versuche meinen Flugstil zu verbessern und freue
mich doch letztlich daran, einfach hier zu sein, die Landschaft zu genießen, ja,
das ist der Bodensee, das sind die Alpen, alles ist so nah auf einmal. Da ich
mich nicht zur Rückreise entschließen kann, fliege ich nochmal zurück, steuere
eine Wolke an, nur weil diese so wunderschön geformt ist, nun will ich es
wissen. Küss mich Wolke oder lass es. Sie küsst mich und ich bin wieder „im
Himmel“, was für eine Wonne!
Langsam muss ich dann doch zurück, denn von Südwesten
schleicht sich ein großes Gewitter heran. Es ist schon sehr dunkel dort. Ich „gebe
Gas“, d.h. ich fliege schnell, am Ende betätige ich die Bremsklappen um
schneller nach unten zu kommen. Denn ich will meinen schönen Apis 2 weder im
Regen noch bei Böen abbauen. Alles geht gut.
Jetzt habe ich gegessen, geschrieben. Nun muss ich noch
arbeiten. Zum Ausgleich für die Stunden in der Komfortzone. Mit Maslow hat das
alles aber nichts zu tun, wenn ich ihn richtig verstanden habe.